Zur Geschichte der Alzeyer Loge

Vor 210 Jahren begann mit der französischen Loge „Säule am Fuße des Donnersbergs“ das Logenleben in Alzey. Die Loge war zwar wegen der politischen Verhältnisse in Kirchheimbolanden gegründet worden, bestand aber bis auf ein Mitglied ausschließlich aus Alzeyern. Alexandre Dumas hat in seinem Roman „Alchemist“ dieser Loge ein literarisches Denkmal gesetzt. Nach der Niederlage Napoleons begegneten die Siegermächte der Bevölkerung Rheinhessens mit großem Misstrauen - hatten doch die Errungenschaften der französischen Revolution vor allem im aufgeklärten Bürgertum der Region begeisterten Zuspruch gefunden. So berichtete der Freiherr von Stein bereits am 29. Januar 1790 von heftigen revolutionären Unruhen in Alzey, um nur zwei Wochen später den Geist des Aufruhrs in ganz Rheinhessens festzustellen.

Da nach der Niederlage Napoleons der Fortbestand einer französischen Loge nicht mehr möglich war, trat man unter dem Namen „Zum neuen Licht“ der altschottischen Großloge bei und erhielt am 17. November 1817 vom Generalgroßmeister Landgraf Carl von Hessen unter dem Namen Carl zum Neuen Licht das Konstitutionspatent.

Bei der Beamtenwahl wurden die Ämter der Loge wie folgt besetzt:

 

Meister vom Stuhl - Bruder Falkenstein (Steuereinnehmer, Alzey)

Erster Aufseher - Bruder Petry (Gutsbesitzer, Alzey)

Zweiter Aufseher - Bruder Esselborn (Kaufmann, Alzey)

Redner - Bruder Theley (Notar, Alzey)

Sekretär - Bruder Schenk (Lehrer aus Wendelsheim)

Schatzmeister - Bruder Gilfeld (Kaufmann, Alzey)

Zeremonienmeister - Bruder Rauschart (Gutsbesitzer, Alzey)

 

Als 1817 die Freimaurerei von Großherzog Karl von Baden in seinem Herzogtum verboten wurde, musste sich die Mannheimer Loge

„Zum Tempel der Isis“ auflösen. Die Brüder diese Loge schlossen sich daraufhin mehrheitlich der Alzeyer Loge an.

Schon 1819 begann in der Alzeyer Loge die Diskusion über die Zulassung Jüdischer Brüder zu den Arbeiten. In diesem Prinzipienstreit sollte die Alzeyer Loge noch eine bedeutende Rolle spielen, was 1840 zur uneingeschränkten Aufnahme von jüdischen Brüdern führte.

Die Loge setzte damit sehr früh ein deutliches Zeichen für Toleranz und war eine der ersten Logen in Deutschland, die Brüder jüdischen Glaubens als Vollmitglieder aufnahm.

Nachdem die Logen wegen vieler Todesfälle und Wegzug von Brüdern aus Alzey einen starken Aderlass verkraften musste, ging es ab 1836 mit der Mitgliederzahl wieder deutlich aufwärts und in den Jahren 1837 und 38 erlebte die Loge nach Einrichtung des Kreisgerichtes in Alzey und dem damit verbundenen Zuzug gut ausgebildeter Mitarbeiter einen Aufschwung von Neueintritten. Die Richter Anwälte und Beamten dieser Behörde, waren sowohl zahlenmäßig als auch intellektuell ein Gewinn für die Loge.

Das nach Um- und Ausbau eines bereits vorhandenen Privathauses in der Römerstraße durch Kreisbaumeister Wetter im Jahr 1834 als Logenhaus benutzte Gebäude beherbergt seit den 1970er Jahren das Haus der Jugend, heute JUKU - Zentrum für Soziale Arbeit der Stadt.  Dieser Tage wird das Gebäude nach großzügigem Um- und Ausbau wieder eröffnet und JUKU und zugleich Logendomizil.

Ebenfalls 1838 trat die Loge zusammen mit den Logen aus Darmstadt, Worms, Gießen und Direktoralloge aus Mainz dem eklektischen Bund bei, der unterschiedliche Überzeugungen gelten ließ und für Offenheit und Liberalität stand. Die Alzeyer Loge vertrat in diesem Bund ganz entschieden das seit ihrer Gründung vertretene Humanitätsprinzip. Die politischen Ereignisse der Jahre 1848 und 49 brachten Rheinhessen, und hier ihrer frühliberalen Bewegung, noch einmal einen wenn auch kurzlebigen Aufschwung. 

Die aufgeschreckte Darmstädter Regierung berief den Monsheimer Heinrich von Gagern ins Kabinett, der bis zu seiner Berufung als Präsident der Paulskirche eine für die damalige Zeit weitgehende Demokratisierung durchsetzte. Das neue Konstitutionspatent wurde nach langen Auseinandersetzungen schließlich im Sinne der Alzeyer Loge entschieden. Der Meister vom Stuhl fasste dieses Ergebnis wie folgt zusammen:

„Wir halten nach wie vor an den Grundsätzen fest, daß nur die inneren Werte eines Menschen, nicht sein Stand, nicht seine religiöse Überzeugung, seine Geburt, Erziehung oder sonstige äußeren Verhältnisse die Aufnahme in unseren Bund bedingen. Dieser Grundsatz ist unser ganzer Stolz, der jede äußere Auszeichnung verachtet und nur in einem freien Geist die Quelle seiner Würde erreicht. 

Infolge des 1. Weltkrieges und der schwierigen Nachkriegszeit ging die Mitgliederzahl der Loge stark zurück, bis die Nazis 1934 die Loge verboten und das Logengebäude enteigneten. Davon hat sich die Loge nicht mehr erholt und 1969 wurde das Logenleben ganz eingestellt. Der letzte Meister vom Stuhl war der Juwelier Baab.

 

 

 

Aus dem Logengebäude wird das Haus der Jugend

1970, also nur ein Jahr nach Schließung der Alzeyer Loge, kam das Logengebäude als ein mögliches Domizil für die Jugendarbeit ins Gespräch. Es dauerte aber noch Jahre, bis dort mit dem Umbau begonnen werden konnte.

Für 78.000 DM hatte die Stadt das Logenhauses erwerben können, doch es sah so aus, als sei das Projekt wegen der zu erwartenden Baukosten nicht zu stemmen. Jetzt aber traten lokale Bürgerinitiativen in Aktion. An deren Spitze der Alzeyer Lions Club.

Dieser organisierte ein großes Volksfest auf dem Wartberg und stellte den Erlös der Aktion in Höhe von 45.000 DM für das Bauvorhaben zur Verfügung. Damit war der finanzielle Grundstock für das Haus der Jugend geschaffen. Diese Aktion war zugleich der Auslöser für weitere Spenden.  

So übernahm der Verein Jugendarbeit e.V. die Trägerschaft der Anlage. Eine weitere Spende der Lions in Höhe von 10.000 DM sicherte  zusammen mit einem Zuschuss des Kreises in Höhe von 60.000 DM das Projekt. Bis heute ist der Alzeyer Lions Club dem JUKU - Zentrum für Soziale Arbeit der Stadt eng verbunden und unterstützt dessen Arbeit mit einer jährlichen Spende. 

Die Jugendlichen des Freizeitvereins legten selbst Hand an, indem sie die abgetretene Fußböden herausrissen und den beschädigen Putz abklopften. Den Rest übernahmen Fachfirmen. Die künstlerische Gestaltung des Hauptraumes leitete Doris Seibel. Dieser Raum war über eine Theke mit der Küche verbunden. Geschaffen wurde eine neue Toilettenanlage. Es folgte die Renovierung der gesamten Außenfassade. Schließlich war noch das Außengelände zu roden.  

Nach über eineinhalb Jahren der Renovierung des gesamten Hauses war das Werk vollbracht und der Jugendarbeit übergeben worden. 

Am 21 Februar 1976 konnte das Haus der Jugend unter großer  Anteilnahme der Bevölkerung von Bürgermeister Dr. Buchheim seiner Bestimmung übergeben werden.

 

 

Ende gut, alles gut

Wir schreiben inzwischen das Jahr 2016. Das Angebot des JUKU hatte inzwischen ein Ausmaß angenommen, die eine Modernisierung und  Erweiterung der Einrichtung zwingend erforderlich macht. Den Startschuss gab Bürgermeister Christoph Burkhard beim Spatenstich für den Ausbau des Juku am 05. Oktober 2020 im Beisein des 1. Beigeordneten Dr. Hans-Werner Stark, Prof. Dr. Ulrich Zechner vom Lions Club Alzey, Luigi Sinopoli, Architekturbüro Sinopoli,  Jürgen Peters, Importhaus Wilms, Beigeordnete Natalie Bauernschmitt, Fachbereichsleiterin Anke Rebholz und Peter Baumgärtner, Leiter der Einrichtung.

Die Spende war von den Geschäftsführern der Firma Wilms, Karl Josef Henneken und Jürgen Peters bereits vorab übergeben worden.

2018 gab es den Bewilligungsbescheid der ADD. Seit seiner Gründung wird das JUKU von den Alzeyer Lions tatkräftig unterstützt.

 

 

Die geplante Bauzeit für den Anbau war für August 2021, die Sanierung des Bestandsgebäudes für Mai 2022 festgelegt. Inzwischen sind die Bauarbeiten abgeschlossen und die Einweihung des generalsanierten JUKU ist auf den 21. April 2023 festgelegt.

Ziel des Projektes ist es heute mehr denn je, der sehr wichtigen Arbeit des Jugend- und Kulturzentrums den erforderlichen Platz einzuräumen. Durch den barrierefreien Anbau ist nunmehr Platz entstanden für einen Werkraum und einen Mehrzweckraum.

Allen, die dieses wichtige Projekt unterstützt haben, 

gilt unser aller Dank.

 

Text von Hartwig Augustin, Alzey